Samstag, 4. Juli 2009
Das Sandsack-Syndrom
…we may confidently come to the conclusion that the forces which
slowly and by little starts uplift continents and those which at successive
periods pour forth volcanic matter from open orifices are the same.
Charles Darwin: The Voyage of H.M.S. Beagle
Infolge spontanmutativer Veränderungen verbunden mit unbekannten, unerkannten, unvorhergesehenen Kettenreaktionen im Zellstoffwechsel von Männern verwandelte sich das Corpus Cavernosum sämtlicher erektionsfähiger Penisse in eine Art Sandsack mit kräftigem Bananenstutzenansatz am Sitzbein und stand bei Erregung meterhoch aufgerichtet, breit wie ein Eichenstamm, die Eichel auf Kopfhöhe, der prall geschwollene Sack im Winkel von ca. 40 Grad nach vorne geneigt, auf Armlänge vom Restkörper ab; und während die meisten Männer bereits in der ersten Befüllungphase der übergroßen Schwellkörper vornüber zu Boden gingen und an Blutleere, d.h. an einseitiger Blutverteilung starben, zeigte ein halbes Promille der Betroffenen den seltenen Anpassungscharme des widerstandsfähig Maskulinen: Zunahme der Blutmenge bei vaskulärem Ausgleich, Y-Winkelung mit dynamischer Balancestellung von Oberkörper und Schwellkörper; geschlossenen Erregungskreislauf, gestützt durch den mächtigen Blutdruckunterschied zwischen Kopf und Eichel quasi als Minus- und Pluspol mit ausgleichenden Boxhieben: sie konnten nicht anders, mußten sich entladen mit schnellen Schlägen wie faustgroßen Elektronen, die, gegen den Eichelrand prasselnd, den empfindlichsten Teil des Schwellkörper-Sandsacks bearbeiteten, bis dieser nach 4 oder 5 genauen Treffern auf freie Nervenendigungen und Meissner-Körperchen ein inneres Feuerwerk zündete, die innere Rakete starten ließ und Ejakulat wie die Atemfontäne über blasendem Pottwal, wie sprudelndes, weißliches Öl überm Bohrloch aufblühte: hinaufgespuckt, schillernd im Licht: der Kopfschmuck von Zirkuspferden, ein Eimer voll Sperma – der Tod infolge von Flüssigkeitsverlust bar jeder Vernunft: er raffte die Mehrheit der Sinkenden, nach gezündeten Lenden Schwächelnden dahin; der Rest wurde gepflegt, von stillen Schwestern, Matronen der Unterwelt, sigunischen, leidenden Heldinnen: Frauen voller Opferbereitschaft und Stille im Zentrum ihres Mauerblumenwesens: die Männer wurden gepflegt mit Trank und Minne und violinenen Liedern bis zur Wiederauferstehung vom KO. Dann aber regten sie sich erneut, erregten sich, tänzelten: die lebensfähigen Männer, ihren schwerfälligen Tanz mit sich selbst, ihren Kampf, ihren Spannungsbogen von steigender Erregung zu faustischem Hagel zu Klimax und völligem Darniederliegen. Wieder und wieder. Sie tanzten und boxten und sanken. Wenn sie nicht gestorben sind, kommen sie da auch nicht raus.
© Thomas Krüger, Juli 2009
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