Mittwoch, 6. Mai 2009


Der Koffer

Der Koffer, er liegt auf dem Feld, daß Würmer und Regen ihn
einsinken lassen, ein Stück weit, sein Schuhsohlenleder. Sie
öffnen ihn vorsichtig. Ein oder zwei, die neben ihm stehen.
Die anderen, denen der Koffer gehört, sie stehen dem anderen
Koffer doch näher, sie öffnen ihn vorsichtig, wagen den
Koffer des Anderen. Der Koffer ermöglicht uns immer die
höchste, die heiligste Form des Neben-dem-Koffer-Seins. Der
Koffer liegt schlicht auf dem Feld im Frühling von Feldern.
Ich kenne nur Felder und Koffer. Die Form: ideal. Die Koffer. Die
braunen, die anbetungswürdigen Quader aus menschlichem Schuhsohlenleder.
Der Schlamm. Die Gelände des Lehms. Illusionen, die blühenden.

Die vorsichtig Öffnenden staunen, bestaunen das Summen des
dichtest Gepackten, des Offen-Gelegten. Die Wäsche, die Waben, die
Früchte des Felds, die kunstvoll veredelt Verschachtelten.
Sie ticken wie Meisterwerke, so raffiniert.
Die Koffer sind offen mit ihren Unheilbarkeiten in höchster Form.
Nur kurz wird der Koffer geöffnet. Dann macht ihn ein neben ihm
Stehender, stumm in Vorsicht ihn Öffnender, schnell wieder zu.
Geschlossener nie als geöffnet. Der Koffer. Die vorsichtig Öffnenden
staunen. Sie sagen sich: andere Koffer, die anderen Koffer, sind
anders. Sind längst nicht so unmißverständlich, vollendet gepackt.
Wir werden doch bleiben!?

© Thomas Krüger, März 2009

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