Mittwoch, 6. Mai 2009


Skywalk

Nicht Erde fand sich
noch Überhimmel,
gähnender Abgrund,
und Gras nirgend.



Ein flackernder Entdeckerballon. Eine Hülle, gefüllt mit Wolkendünsten, oberhalb der City of Disney, neongrell leuchtend und nicht leuchtend, leuchtend: der Weg hinauf und der Weg hinab. Der Ring an sich, mit vermutetem innerem Zielkreuz, mutatis mutandis, leuchtend und nicht leuchtend, leuchtend; umgeben von konzentrischen, nach außen, nach innen, nach außen gleitenden, la-ola-schnellen Schockwellen von Feuerschein; von offenen, geschlossenen, offenen Maulwurfsaugen in gläserner Balance am geschichteten Hang dieser doppelten Cavea, des gigantischen Trichters, besetzt mit zahllosen quadratischen Kragsteinen: halb die Standflächen staunenden, kämpfenden, staunenden Publikums – sedimentierende, den Sand der gemeinsamen Gedanken zur Erdmitte, zum Schließmuskel, zum inneren Ring mit dem allerkleinsten gemeinsamen Zielkreuz hin verlierende; aufleuchtende, abblendende, aufleuchtende, alle Hoffnung mit höchster Geschwindigkeit fahren lassende Monaden in dichtester Mobilé- wie Mogelpackung auf all den vielen exakt zur Hälfte auf all den quadratischen Kragsteinen aufliegenden, wippenden, quadratischen Panzerglasplatten mit 2 x 16 in gleichmäßig verteilten, komplementären, kontrapunktischen, anfangs in einfache Doppelreihen angeordnete, dann sich Kriegszug um Kriegszug kunstvoll vermischende, Balance und Siegeswillen ausbalancierende Kontrahententruppen auf 2 x 32 Feldern. Vermutlich das 1 und 0 und 1 des gigantischen Organismus in seiner übergeordneten Gleichgewichtskonstante; ein immerwährendes Pferdekopfpumpen an den Hängen dieses quasiperistaltischen Canyons: zahllose wippende Quadrate, Metastasen, die gläsernen Hälften über dem Abgrund, dessen wolkendunstiger Luftraum von flimmernder Trichterwand zu Trichterwand mit irrlichternem Wellenwurf auf Würfelwurf zu entzaubernde Kontinente versteckt und Engel und Engel durch seinen Schlundkanal hindurchfallen lässt wie Feuerkugeln, Bomben und mächtige Kometensplitter: Ablenkungen, Testwürfe in den Brunnen der vielen Ringe von Tanzschritten auf Panzerglas: kunstvolle Verschiebungen, Stellungswechsel unter den Figuranten der Menuette, den Kontrahenten, den nackten, gefiederten, von Mickymausmaskenschweiß schimmernden Waldfiguren: nach unten, in den Abgrund, in den Auftrieb hineinwippend; den glänzenden, goldbeschichteten, musikinstrumentenen Raumfahrern mit hochfederndem Kampfgewicht, die gummisohlenen Kräfte des Konsolaren aus dem rotsedimentenen Kragstein aufgehoben im Stahlraum-Helm, gen Himmel stichelnd: Bewegungen, Berührungen, Truppenverschiebungen im permutierenden Gleichgewicht. Und dann und wann erzittert ein wippendes Panzerglasquadrat mit seinen winzigen Kriegsschauspielern, denen, wie immer, auf immer, der Tritt aus der sauberen, quadratischen, zweidimensionalen Ringfläche hinaus unmöglich bleibt: es scheppert komplett wie ein silhouettensattes Tablett aus Kristall mit vollen Gläsern und Flaschen in den Abgrund saust, zu sphärischer Musik: ein Tropfen, der irgendwo niedergeht zwischen Bulls Eye und Außenring, Cocytus und Limbus, und einen Lichtreflex-Code in Gang setzt, ein gigantisches rotamintenes Flackern: Ah und Oh und Ah. Doch jede der abgestürzten Plattenbaubrigaden entsteht, als ginge es um Höllenqualen, fortwährend neu und stürzt wieder ab und entsteht neu und stürzt. Jeder der falschen Züge begründet sich erneut, und das Mobile des äußeren Lebens, das fischertechnische Gefüge der vielen Bühnen in der Trichterwand, die leuchtenden Lampions der winzigen, wippenden Panzerglasplatten verhält sich in seinem dunstigen, blitzenden, flackernden Terrarium, in seinem Miller-Ballon wie das ewige Leben mit unaufhörlichen Kurzschlüssen und Feuersbrünsten, wie kleinere Schlaganfälle im großen, im polylabilen Ganzen, Glieder in Kettenreaktionen. Alles ist mit allem verbunden und jeder Schritt verändert das Gleichgewicht auf unseren kleinen Balkonen an den Innenwänden des Kraters, des steinernen Tornados, des tückischen Trichters, in den die Babelsberge Bruegels wie Valckenborchs wirklich gut reinpassen.

© Thomas Krüger, Februar 2009

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